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Luise Egloff

An den Leser

Verehrter Leser, o verzeiht der Schwachen,
Dass sie es wagt mit ungeübter Hand
Der Leier zarte Saiten zu berühren,
Und einzutreten in der Musen Land.

Um Schonung bitten diese kleinen Lieder,
Die Einsamkeit aus stillem Schoß gebahr;
Wie sehr bedarf der nachsichtvollen Güte,
Was meinem Geiste nur Erholung war!

Und wenn die Träne gleichgestimmter Seelen
Voll Mitgefühl auf diese Blätter fällt,
Wenn's mir gelingt der Brüder wunde Herzen
Emporzuheben zu dem Gott der Welt.

Dann segnet freudig ich die schöne Stunde,
In der ein matter Schimmer mich umstrahlt,
Und zeig' euch die dem Aug' verborgnen Bilder
So einfach, wie die Fantasie mir malt.

Nur einen Wunsch, der mir im Busen bebet,
Enthüll' ich ohne Scheu vor eurem Blick:
Der Menschheit Leiden weih' ich diese Zeilen;
Ach könnt' ich freundlich lindern ihr Geschick!

Darum verschmäht nicht meine leisen Töne,
Reicht liebvoll eine kleine Gabe hin;
Sie ist bestimmt des Kranken Schmerz zu heilen,
Und aufzurichten den gebeugten Sinn.

Genießet ganz des Wohltuns reine Freude,
In der allein das Glück des Himmels thront,
Des Armen Dank lehrt eignen Gram vergessen,
Wenn neu in ihm die Lust zum Dasein wohnt.

So lasst auch mich das Licht im Dunkeln schauen,
Gewähret mir einen seligen Genuss!
Wenn eure Milde Not und Kummer stillet,
Dann fühl' ich nicht, was ich entbehren muss.