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Karl Gerok

Das Kind des Steuermannes

Die Segel eingezogen,
und alle Mann aufs Deck!"
Der Sturm kommt angeflogen
aus finsterem Versteck;
die Wogen wälzen rollend
sich schon heran mit Macht;
der Donner regt sich grollend,
und Mittag wird zur Nacht.
Doch hinten steht im Schiffe
der Steuermann am Rad
und lenkt mit Blick und Griffe
des schwanken Kieles Pfad,
weiß klug vorbeizuhalten
am mörderischen Riff,
die Wellen kühn zu spalten;
denn ihm gehorcht sein Schiff.
O braver Seemann, zwinge
des Elementes Wut,
o wackres Schifflein, dringe
voran durch Sturm und Flut;
viel bange Herzen zagen,
und mit des Sturms Geräusch
mischt sich der Kinder Klagen,
der Frauen Angstgekreisch.
Doch still und unerschrocken
sitzt dort abseits ein Kind,
lässt ruhig sich die Locken
zerwühlen von dem Wind,
blickt stolz ins Meer vom Decke
als wie von einem Thron,
weiß nichts von Angst und Schrecke:
des Steuermannes Sohn.
Ihn fragt der Männer einer:
"Dir macht der Sturm nicht angst?
Sag an, wie kommt es, Kleiner,
dass du allein nicht bangst?"
Da wird von stolzem Feuer
des Knaben Wange rot:
"Mein Vater sitzt am Steuer,
drum hat es keine Not."
O starker Kinderglaube! —
Verstehst du's, Gotteskind?
Ob um dein Schifflein schnaube
der ungestüme Wind,
der Himmel steht im Feuer,
die finstre Tiefe droht:
Dein Vater sitzt am Steuer,
drum hat es keine Not!