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Magnus Gottfried Lichtwer

Der Hänfling

Ein Hänfling, den der erste Flug
Aus seiner Eltern Neste trug,
Hub an, die Wälder zu beschauen,
Und kriegte Lust, sich anzubauen:
Ein edler Trieb, denn eigener Herd
Ist, sagt das Sprichwort, Goldes wert.

Die stolze Glut der jungen Brust
Macht ihm zu einem Eichbaum Lust.
Hier wohn ich, sprach er, wie ein König;
Dergleichen Nester gibt es wenig.
Kaum stand das Nest, so wards verheert
Und durch den Donnerstrahl verzehrt.

Es war ein Glück bei der Gefahr,
Dass unser Hänfling auswärts war.
Er kam, nachdem es ausgewittert,
Und fand die Eiche halb zersplittert.
Da sah er mit Bestürzung ein,
Er könnte hier nicht sicher sein.

Mit umgekehrtem Eigensinn
Begab er sich zur Erde hin
Und baut in niedriges Gesträuche,
So scheu macht ihn der Fall der Eiche.
Doch Staub und Würmer zwangen ihn
Zum andernmal, davonzuziehen.

Da baut er sich das dritte Haus
Und las ein dunkles Büschchen aus,
Wo er den Wolken nicht zu nahe,
Doch nicht die Erde vor sich sahe,
Ein Ort, der in der Ruhe liegt;
Da lebt er noch und lebt vergnügt.